Eine extrem herausfordernde Kletterroute ist der Teufelsspaziergang im Hochschwabmassiv.
Jeder Kletterer, der viel in einem Gebiet unterwegs ist, kennt wohl diese Touren, welche von einem fast schon legendären Mythos umweht werden. Wenige Wiederholungen, schlecht abgesichert, und oftmals wilde Kletterei sind nur einige Attribute, welche auch immer wieder fielen wenn man vom Teufelsspaziergang hörte.
Die Tour selbst faszinierte mich, seit ich das erste Mal davon hörte. Vor allem die Schlüssellänge, ein steiler Körperriss, sollte richtig cool sein, wenn man halt auf sowas steht. Obwohl das Rissklettern in den letzten Jahren in unseren Breiten eine Art Renaissance erlebt, ist es eben nicht jedermanns Sache.
Im Jahre 1982 wurde die Tour von Max Rust & Sigi Webhofer erstbegangen, ein wilder Husarenritt, wie man sich denken kann. Die ersten Wiederholer, die legendären Gruber Brüder, welche gerade frisch von einer Begehung der Pumprisse zurückkamen, meinten überhaupt dies sei die wildeste Tour des Hochschwabs – und wohl eher ein harter Siebener. Jeder der schon einmal das Vergnügen hatte eine Tour der Zwei zu klettern, weiß wohl was das zu bedeuten hat. Die Tatsache, dass Fidi Alex, einer der wenigen Wiederholer der Tour, ihr damals keinen Rotpunkt abluchsen konnte, trug wohl ebenso noch zum Nimbus der Linie bei.
Im Sommer 2019 erfolgte im Zuge der Erstellung des Hochschwab Kletterführers die sanfte Sanierung der Tour, alle Stände sind inzwischen gebohrt und in der Schlüssellänge wurde ein Bolt in der Mitte platziert – der Charakter ist also durchwegs erhalten geblieben. Fürchten muss man sich heutzutage allerdings aufgrund der gut fortgeschrittenen Technik nicht, sofern man ein paar Big Boys am Gurt hängen hat.
Doch zurück ins Jetzt: Eigentlich war die Tour für das Frühjahr 2020 anberaumt, Chri Leitinger und Ich kletterten uns ganz gut ein, und konnten die „Reise nach Ixtlan“ im Grazer Bergland, eine motivierte und tolle Rissline der Gruber Brüder, onsight punkten. Doch wie so oft kam danach eine Mischung aus schlechtem Wetter, Arbeit und ein mysteriöses Virus dazwischen und so kühlte das ganze Projekt langsam aber sicher wieder ab.
Im Herbst kam mir dann wieder mein Lieblingswort im Leben unter: Spontanität. So klingelte Ende September bei Chri das Telefon und ein paar Minuten später war voller Begeisterung alles ausgemacht. Kurze Zeit darauf hatten wir auch mit unserem großartigen Fotografen alles fixiert, Stefan Füzi Filzmoser. Er war ebenso schnell für die Idee zu Begeistern.
Am 2. Oktober gings um 08:00 Uhr morgens in Seewiesen los Richtung Höllmauer. Gut gelaunt und voller Motivation spazierten wir los und gingen nochmals alle Eventualitäten durch. Beim Depot trennten wir uns dann, Stefan seilte sich mit einem Fixseil von oben zum Fotografieren ab, während Chri und Ich in die Tour einstiegen.
Die erste Länge war ein ordentlicher Kaltstart, ein nicht leicht zu lesender 6er, garniert mit einem etwas moralischem Quergang in der Mitte, nicht ideal um die Finger warm zu bekommen. Die zweite Länge sah vom Stand durchaus wilder aus, als sie sich kletterte. Nach einem kurzen Untergriff Quergang nach Links wartete eine leichtere Verschneidung auf uns, die bis zum zweiten Stand führte.
Dann gings mit den richtigen Risslängen los. Die 3te Länge, welche Chri vorsteigen durfte, war eher auf der nassen Seite und durchwegs nicht leicht abzusichern. Sie ließ sich aber ebenso gut bewältigen wie die vorangegangenen. Vom 3ten Stand weg startete die Schlüssellänge: ein Körperriss im siebten Grad, welcher im obersten Drittel von einem kleinen Dachüberstieg garniert wird. Voll motiviert startete Ich in die Kletterei und hatte durchwegs zu kämpfen. Unangenehm war vor allem die Tatsache, dass einige der tiefen Handklemmer im Riss feucht waren. Ich arbeitete mich Stück für Stück die Länge hoch zur Dachstelle. Der Überstieg löste sich leichter als gedacht, ein hoher Handklemmer, den rechten Fuß auf einen kleinen Tritt hochwuchten und mit der rechten Hand nochmals höher klemmen, und plötzlich war die Schlüsselstelle der Länge hinter mir. Von Glück erfüllt, griff ich in meiner Unachtsamkeit für den Überstieg zum Stand auf einen lockeren Henkel. Ich erkannte das Ganze aber noch früh genug und hatte Glück gehabt.
Die letzte Länge zischte wieder Chri voran hinauf, jedoch war diese genauso wenig ein Geschenk wie die vorangegangen. Diese Tour hat eben vom Beginn bis zum letzten Zug Charakter, obwohl es insgesamt nur fünf Seillängen sind. Oben angekommen fielen die letzten Bedenken ab: Wir hatten es geschafft! Die erste Onsight Begehung, aber vor allem noch viel wichtiger: Wiedermal ein traumhafter, genialer Klettertag in „unserem Hochschwab“!
Hardfacts Teufelsspaziergang:
- 5 Seillängen – 7ter Grad (7obl.)
- Ganzes Sortiment Camalots von 0,3 – 6 + 2-5 am besten doppelt.
- Klemmkeilsortiment, eventuell ein paar große Hexentrics
- 10 Expressschlingen, davon einige zum Verlängern
- Risshandschuhe wären durchwegs von VorteilAbschließend noch ein herzliches Dankeschön an Chri und Stefan für die Unterstützung, die genialen Fotos, und vor allem einen herrlichen Klettertag. Es war mir ein wahres Volksfest!
Herzlichen Dank an Christoph „Chrisi“ Pichler für den beeindruckenden Kletterbericht. Fotos: ©Stefan „Füzi“ Filzmoser