Mehrere Tausend ungarische Katholiken mit Bischof Andras Veres von Szombathely (Steinamanger) und Staatspräsident Janos Ader an der Spitze haben am Samstag, 28. September, an der Jubiläumswallfahrt „650 Jahre Magna Domina Hungarorum“ (Ungarisches Gnadenbild) nach Mariazell teilgenommen. Bischof Veres leitete den Festgottesdienst in der Basilika, der um 13 Uhr begann. Hunderte der Pilger, darunter Staatspräsident Ader, reisten mit Sonderzügen an.
Ungarische Pilger kommen seit mehr als 600 Jahren nach Mariazell. Ein Höhepunkt war dabei die „Wallfahrt der Völker“ beim „Mitteleuropäischen Katholikentag“ am 22. Mai 2004. Wenige Tage nach der historischen Erweiterung der Europäischen Union pilgerten damals 14.000 Ungarn in den steirischen Marienort.
Mariazell als Gnadenort der „Magna Domina Hungarorum“ ist in besonderer Weise mit der ungarischen Geschichte verbunden. Davon zeugt beispielsweise das Tympanonrelief über dem Haupteingang der Basilika: Unmittelbar neben der Schutzmantelmadonna kniet König Ludwig I. aus dem Hause Anjou (er regierte Ungarn 1342 bis 1382) mit einem Votivbild, das er im Jahre 1363 – vor 650 Jahren – im Zuge einer Pilgerreise gestiftet hat.
Diese berühmte Marien-Ikone, die vermutlich um 1360 von Andrea Vanni, einem Künstler aus Siena, geschaffen wurde, befindet sich in der Schatzkammer von Mariazell. Sie wird auch heute von den ungarischen Pilgern sehr verehrt. Eine Delegation der ungarischen Wallfahrer, die am Samstag nach Mariazell kommt, wird von Superior P. Karl Schauer in die Schatzkammer geleitet. Auch Präsident Ader will dort ein Gebet zur „Magna Domina Hungarorum“ sprechen.
Bedeutender Wallfahrtsort der Ungarn
Eine Statue von König Ludwig I. von Ungarn befindet sich links beim Haupteingang zur Basilika und ein Freskenzyklus an der Innenseite der Kuppel thematisiert in mehreren Darstellungen die Verbindung Ungarns mit Mariazell.
Nach der kommunistischen Machtergreifung in Budapest im Jahr 1947 war Mariazell für Exil-Ungarn der einzige erreichbare „ungarische“ Wallfahrtsort. Mariazell wurde so auch zum Symbolort des geistigen Widerstands gegen den Totalitarismus; deshalb fand der Bekenner-Kardinal Jozsef Mindszenty in der Ladislaus-Kapelle der Basilika am 15. Mai 1975 seine letzte Ruhestätte.
Kardinal Mindszenty, der 1971 Ungarn verlassen musste und dann die meiste Zeit seines Exils in Wien verbrachte, hatte noch am Vorabend seines Todes am 5. Mai 1975 sein Testament ergänzt: „Sollte ich in der Verbannung sterben, so bestatten Sie mich vorübergehend in der Wallfahrtsbasilika von Mariazell“. Nach der „Wende“ wurde die sterbliche Hülle des Kardinals am 4. Mai 1991 in seine ungarische Heimat überführt.
Seither kommen nach wie vor jährlich Tausende Pilger – darunter immer mehr Fußwallfahrer – aus Ungarn nach Mariazell. In der Basilika erinnert ein Stück Stacheldraht aus dem Eisernen Vorhang an der ungarischen Grenze an das Geschenk der wieder gewonnenen Freiheit.
Text: kathweb – Fotos: Josef Kuss – Danke.