Im Haus der Begegnung der Naturparkgemeinde Gaming, fand die Präsentation der Ergebnisse einer Feldwoche der Universität für Bodenkultur Wien in der Naturparkregion Ötscher-Tormäuer statt.
„Ich versteh eh nicht, warum nicht längst alle hupfen!“
Studierende der Universität für Bodenkultur interviewen Experten und Bevölkerung zu wichtigen Fragen des Naturparks
Unter der Anleitung von Univ. Prof. Dr. Ulrike Pröbstl-Haider, Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung an der BOKU, absolvierten 20 Master-Studierende eine Feldwoche im Naturpark Ötscher-Tormäuer. Die Studierenden erforschten die Region und beschäftigen sich intensiv mit drei relevanten Fragenstellungen:
- Lebensqualität – wie kann die Region gestärkt und Abwanderung verhindert werden?
- Landschaftswandel – was tun wir, damit es „schön“ bleibt?
- Ötscher-Bär – Eine alte Geschichte oder eine Zukunftsvision?
Die Studierenden hatten die Aufgabe sich vorab an der Universität ausführlich mit dem jeweiligen Thema zu beschäftigen. Vor Ort wurde dieses theoretische Wissen durch Experteninterviews, Befragungen und zahlreiche Gespräche mit der Bevölkerung ergänzt.
Die Ergebnisse wurden mit Spannung von den kommunalen Vertretern, der Naturpark-Leitung und allen Beteiligten erwartet.
Das „Team Lebensqualität“ verdeutlichte die Abwanderungstendenzen in der Region. Ihre Aufgabe war es, herauszuarbeiten, mit welchen Strategien dieser Entwicklung entgegengewirkt werden könnte. Eine Schlüsselrolle spielen neben Arbeitsplätzen vor allem die Wohnungs- und Freizeitangebote sowie die Verkehrsinfrastruktur. Aus der Sicht der Bevölkerung trägt der Naturpark zum Arbeitsplatzangebot positiv bei. Die Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz wäre wichtig, um die Lebensqualität zu verbessern. Die Studierenden schlagen vor, dass beispielsweise die Mariazellerbahn ihre Abfahrtszeiten auch auf die arbeitende Bevölkerung abstimmt.
Das „Team Landschaftswandel“ zeigte mit Hilfe von Fotomontagen, wie die Region aussehen könnte, wenn der zunehmenden Verwaldung nicht entgegengewirkt würde. Ihre Ansprechpartner in der Region waren neben dem Naturpark vor allem Landwirtinnen und Landwirte, die sich für die Offenhaltung besonders engagieren. Über die Unterstützung mit Fördermitteln hinaus könnten sich die Studierenden auch vorstellen, dass bei Einverständnis der Grundeigentümer auch gemietete Schaf- und Ziegenherden („rent a sheep“) und eine kommunale Herde eingesetzt werden könnten. Eine Landschaftsabgabe als Zusatz zur Tourismustaxe könnte ebenfalls eine Alternative zur Offenhaltung darstellen. Steillagen könnten im Rahmen einer Umweltbaustelle bzw. eines Freiwilligen Umweltjahrs beim Naturpark gepflegt werden.
Eine besonders schwierige Aufgabe hatte das „Team Bär“. Bereits die ersten Experteninterviews in der Region verdeutlichten einerseits die weit verbreitete Erinnerung an den Ötscherbären, andererseits die Sorge vor möglichen Konflikten und Schwierigkeiten mit der Landnutzung. In einem leidenschaftlichen Plädoyer versuchten die Studierenden Sympathien für die überwiegend pflanzenfressende Tierart zu gewinnen und stellten eine Pro- und Kontra-Liste auf. Aus ihrer Sicht darf der Bär nicht nur ein Symbol auf dem Naturpark-Schild sein, weil sich das Wildnisgebiet Dürrenstein und das Naturparkgebiet als zusammenhängender Lebensraum für Bären am besten in ganz Österreich eignet. Allerdings fordern sie klare Regelung für Entschädigung und Entnahme (Abschuss) bei Problemen. In der Vermittlung und der Kommunikation könnte der Naturpark in Zukunft eine neue Rolle spielen.
Zum Abschluss der Veranstaltung dankte Frau Professor Pröbstl-Haider dem Naturpark-Leiter Florian Schublach und der Bürgermeisterin Renate Rakwetz für die Gelegenheit, anwendungsbezogene Lehre im Naturpark Ötscher-Tormäuer machen zu können. Vor allem der intensive Gedankenaustausch mit der Bevölkerung ist für die Studierenden eine wertvolle Erfahrung. Das zeigen zum Beispiel die vielen lebendigen Zitate aus der Region, mit denen die Ergebnisse anschaulich eingeleitet werden: Bei den vielen Herausforderungen müssen wirklich alle „hupfen“, um gemeinsam Lösungen zu finden.